4. Etappe mit dem Bus von Jasper nach Calgary

21.08.2018 

Zum Glück merke ich noch rechtzeitig, dass hier wieder eine andere Zeit gilt und ich nun eine Stunde weniger habe, den Shuttle Bus runter nach Jasper zu bekommen. Dort setze ich mich in den „Tim Hortens“ (besser als MC Donald), genehmige mir ein zweites Frühstück und freies Internet. Hier treffe ich auch das Ehepaar aus Toronto wieder, wir wünschen uns gegenseitig eine gute Weiterreise. Am Busbahnhof sitzt schon ein Mann aus Calgary mit seinem gut verpacktem Bike. Er fährt jede Woche von Jasper nach Calgary. Sieben Leute sind wir nur, nun weiß ich auch, warum das Busunternehmen Greynhound eingegangen ist. Als wir losfahren, steht die Sonne im Zenit, ist aber wegen dem Smog der Waldbrände kaum zu sehen. Der Regen fehlt spürbar. Wir fahren am Athabaca River und den langen Güterzügen vorbei in die Bergwelt rein. Ich komme nicht zum lesen, schieße viele Fotos und staune immer wieder. Wir halten kurz am Columbia Icefield, die Menschen auf dem Gletscher sind winzig klein, ich fühle mich ebenso. Am Lake Louise dränge ich mich durch die Menschen und erhasche einen ersten Blick auf diesem Hotspot, er ist längst kein Geheimtip mehr. Mit Paul Pott im Ohr lasse ich mich durch die grünen Wälder, die faszinierenden Bergketten und die teilweise ausgetrockneten Flussbetten gleiten, ich fahre durch die Rocky Mountains, das allein ist schon grandios. Aber ich will sie ja auch noch zu Fuß durchwandern, also hautnah erleben, ich kann es kaum erwarten . . . 

Doch meine heutige Station ist Calgary, gegen 22 Uhr steige ich am Flughafen aus, hier ist die beste Gelegenheit ein Taxi zu bekommen. Meine Unterkunft liegt im Nordosten im beschaulichen Stadtgebiet Rundle. An der Tür empfängt mich eine Asiatin und zeigt mir mein Zimmer im Keller. Dies wird nun für eine Woche meine Unterkunft sein. 

3. Etappe mit dem Zug von Prince Rupert nach Jasper

19.-20.08.2018 

Nervös warte ich vor dem Hotel auf mein Taxi, es kommt 10 Minuten später, hatte schon befürchtet, dass ich es nicht bis um 8 Uhr zum Zug schaffe. Am bereits gut besuchten Bahnhof ist der einzige Ticketschalter nicht besetzt, man soll anrufen. Ich und in englisch telefonieren, das geht schon mal gar nicht. Ein Angestellter der Bahn nimmt gerade das Gepäck der anderen Fahrgäste entgegen. Freundlich spreche ich ihn an und auch er ist so freundlich und ordert für mich ein Ticket, Daten vom Pass und Visakarte werden genannt und schon halte ich meine Ticketnummer für meinen Zug bis Jasper in den Händen. Wieviel mir das gekostet hat , weis ich in diesem Moment noch nicht, aber es muss gereicht haben. Die Daten bekomme ich per Mail, im Zug gibt es aber kein Internet. Ich lass mich also überraschen und mache es mir im Zug bequem. Dieser hat nur ca. 50-60 Plätze, einen Cafébereich und das Beste: einen Dom. Das ist das höhere Aussichtsabteil mit gewölbten Dachfenstern. Wir pendeln also immer zwischen Sitzplatz und Dom hin und her und das bis Jasper ca. 1160 km lang. Erst geht es an der Küste entlang, eine Robbe lässt sich gerade von den Steinen ins Wasser gleiten, die Containerwagen rollen an uns vorbei, dann liegt der Highway neben uns, die Autos fahren schneller als wir. Hätte ich doch den Bus nehmen sollen? Doch die Aussicht belehrt mich eines Besseren, morgendliche Nebelschleier liegen über dem Fluss, das Küstengebirge wird neben dem Skeena River durchfahren, der zurzeit wenig Wasser führt. In Terrace steigt ein junger Mann ein und sitzt nun neben mir. An den Seven Sisters Peaks fährt der Zug extra langsam vorbei, dahinter winkt mit weißer Mütze der Eagle Peak. Ein Waldstück ist abgebrannt, wohl schon im vorigen Jahr, neues Grün wächst bereits nach. Hinter Houston sehen wir eine weiße Rauchwolke, wohl wieder ein Waldbrand. Dann halten wir auf offener Strecke und dürfen aussteigen, vor uns liegt ein totes Tier, jedenfalls das Fell davon, schwer zu sagen, was es war, jedenfalls kein Bär. Wir lassen einen Containerzug vorbei, wie schon zwei-dreimal vorher auch. Da die Strecke teilweise eingleisig ist, müssen wir ab und zu warten. So vergeht der Tag mit schauen, fotografieren und Musik hören. Mittlerweile habe ich auch rausbekommen, das wir heute nicht bis Jasper fahren, sondern nur bis Prince George. Eigentlich sollten wir dort gegen 21 Uhr ankommen, wir erreichen den Ort aber erst zu 23 Uhr. Meine Zugnachbarn frage ich nach einem Hotel in Prince George. Nach kurzem Überlegen nehmen auch sie mich mit zu ihrem Hotel und dort ist auch wieder ein Zimmer für mich frei. Victoria und Brain kommen aus Dawson Creek, da wo ich eigentlich mit dem Bus auf den Alaska Highway vorbei wollte. Das Motel ist typisch amerikanisch, aber keine Angst, alles easy. Nachts checke ich meine Mails und sehe, dass mein Zugticket nur bis Prince George galt, der Preis ist aber vertretbar. Zum Frühstück lädt mich Brain ein und bringt mich auch in seinem Truck zum Bahnhof. Sie werden wieder nach Hause zurück fahren. 

Diesmal fahren wir pünktlich um 9:45 Uhr ab, ich konnte nun auch ein richtiges Ticket bis Jasper kaufen. Der Zugbegleiter vom Vortag empfängt uns alle wieder mit guter Laune, die Sonne lacht auch. Erst gleiten noch riesige Felder und Weiden an uns vorbei, teilweise mit kleinen Ranches verziert, dann wird es wieder bergiger und grüner. Hinter mir sitzt jetzt ein Paar aus Toronto, sie reisen ab Jasper mit dem Auto weiter. Zwei Frauen aus Montreal sprechen mich im Dom an, sie waren schon mal in Hamburg. Mittlerweile haben einige mitbekommen, das ich aus Germany bin. Eine Frau meines Alters aus den USA reist auch allein und wir unterhalten uns so weit wie es mein Englisch zulässt. Wir halten wieder öfters an und steigen aus, einmal auch am Moose Lake. Direkt am Ufer. Natürlich kann ich es mir nicht verkneifen, bis zum Ufer runter zu gehen. Nun erreichen wir die Rocky Mountains, fahren an unzähligen Flüssen vorbei, einer davon ist auch der große Fraser River. Viele Angler stehen im Wasser. Auch Kanus sehen wir. Immer langsamer fährt der Zug über den Yellowhead Pass, weiß schimmert der Mount Robson, mit 3954m, der höchste Berg der Rockys. Ich hoffe, ihn auf meiner nächsten Tour noch besser sehen zu können. Der Vorgeschmack hat mich schon mal fasziniert. 

In Jasper angekommen, bin ich von den Menschenmassen wie erschlagen, so viele war ich nicht mehr gewohnt. Jasper ist ein reiner Urlaubsort, wunderschön, aber erschreckend voll. Ich habe Mühe, ein Busticket für den nächsten Tag nach Calgary zu bekommen, nehme mir dann ein Taxi zu meinem  "HI Jasper"  (wie Jugendherberge) am Rande der Stadt. Dieses liegt schön ruhig am Waldesrand und lässt mich wieder durch atmen. Ein großer heller Schlafsaal, eine Küche für alle und nette Leute, alt und jung gemischt. Die Frau aus den USA vom Zug ist auch hier. Am Tisch sitzt noch eine deutsche Frau aus Hamburg, sie reist 3 Monate allein durch Kanada. Soll mir mal noch einer sagen, ich wäre verrückt, es gibt mehr von meiner Sorte.   

2. Etappe mit der Fähre von Skagway nach Prince Rupert

16.-18.08.2018

Endlich nachts um 01:30 Uhr ist die Fähre da und wir können aufsteigen, eine Stunde später legt sie ab, da versuche ich schon wieder zu schlafen. Ich habe es mir an Deck gemütlich gemacht, ein Kajüte habe ich nicht gebucht, hier ist für alle genügend Platz, sogar mit herrlicher Aussicht und Stromanschluss.  Ich bin nun mit der Alaska Marine Highway Ferry Malaspina“ auf der Inside Passage Southeast von Skagway nach Prince Rupert unterwegs. Wann ich genau ankommen werde, steht noch in den Sternen. Also lasse ich mich treiben bzw. den Ozean lang schippern. Meine große Tasche ist im Schließfach verstaut, den Schlafsack auf der Sitzbank ausgebreitet, genieße ich die Fahrt im Schlaf. Nachts legen wir in Haines kurz an, mittlerweile stört der Motorlärm nicht mehr. Am Morgen erkunde ich erstmal das Schiff, lasse mir das englisches Frühstück schmecken und stelle mich an der Reling in den Wind. Der ist ganz schön kalt, aber die Sicht ist fantastisch. Da wir gegen Süden fahren, liegt linker Hand vom Schiff, also backbord meistens das Festland und steuerbord gleiten unzählige Insel an uns vorbei. Die grüne Küstenlandschaft ist grandios, die Berge teilweise mit Schnee bedeckt, die wenigen Ortschaften sind ganz klein zu erkennen. Das Meer breitet sich um uns aus, mal ruhig, mal etwas aufgeweckter, wahnsinnig viele Inseln, die meisten unbewohnt, geben der Fahrt immer wieder eine andere Aussicht. Ich komme kaum zum schreiben oder lesen, will einfach nur schauen und aufnehmen. Doch gegen Mittag, wir liegen gerade an der Pier von Juneay fest, schreckt uns ein Alarm auf, ich sehe die anderen Passagiere sich nicht rühren und tue es ihnen gleich. Dann laufen ein paar Leute mit Rettungsweste an meinem Fenster vorbei. Ich erfahre, dass die Crew eine Feuerübung macht, das Rettungsboot lassen sie aber nicht ganz runter. Okay, das klappt ja schon mal. Auf dem Schiff finde ich eine digitale Seekarte, da ist immer genau unsere Position zu sehen, wir fahren im Schnitt 16 Knoten, das sind ca. 30 Km/h. Das ist genau die richtige Reisegeschwindigkeit. Gegen Abend, es wird spürbar kälter, sehe ich ein paar kleine Eisberge an uns vorbei treiben, wir sind aber zum Glück nicht auf der Titanic und können sie sicher umschiffen. Kurz vor Kake macht mich eine Frau mit Fernglas auf das Ufer aufmerksam, da sehen wir zwei Bären an der Flussmündung auf Lachsfang. Leider ist die Entfernung für ein gutes Foto zu weit. Aber ich konnte sie mit bloßen Auge sehen. Am Kai von Kake steht eine Gruppe der First Nation und empfängt das Schiff mit ihren Gesängen und Tänzen. Was das zu bedeuten hat, kann ich leider nicht rausbekommen. Wieder auf See, die Sonne winkt schon mit roten Farben, erhalte ich ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk, zwei Wale zeigen sich in ihrer ganzen Schönheit. Mit der Fontäne begrüßen sie uns und mit ihrer Schwanzflosse verabschieden sie sich, ein Raunen geht übers Deck, alle sind wie ich fasziniert von diesem Anblick. Glücklich und dankbar kuschle ich mich in meinem Schlafsack ein, das Leben kann doch so schön sein. 

Im Halbschlaf bekomme ich mit, das wir in Petersburg und Wrangell anlegen, der Morgen begrüßt uns mit Regen, das Meer schäumt vor sich hin, die meisten Passagiere schlafen, lesen oder puzzeln, Kinder rennen um her, ich beginne zu schreiben, habe ja noch eine Menge nachzuholen. Dabei lenkt mich immer wieder ein neues Bild am Fenster ab, die Weite hält mich gefangen. Erst auf dem Yukon, jetzt hier auf dem Meer. Grandios, mir gehen langsam die Superlative aus, und meine Reise ist ja noch lange nicht zuende. Doch die Schiffsreise endet gegen 21 Uhr in Prince Rupert. Ich muss jetzt wieder die Uhr auf Kanadische Zeit umstellen. Mein Versuch, in einem Auto mit genommen zu werden scheitert, alle sind voll beladen. Beim Check in wieder nach Kanada (auf dem Schiff waren wir in den USA) frage ich nach einem Taxi in die Stadt. Die Beamtin ist so freundlich und ruft ein Taxi für mich. Da will noch eine Frau ein Taxi haben. Als ich ihr erkläre, das ich noch ein Hotel suche, fahren wir gemeinsam in ihr Hotel. Zum Glück ist noch ein Zimmer für mich frei. Am nächsten Morgen frühstücken wir gemeinsam. So erfahre ich von Beverly, dass sie aus Whitehorse kommt und nach Vancouver unterwegs ist. Mit Google-Übersetzer geht die Unterhaltung ganz gut. Leider habe ich den einzigen Zug am Tag verschlafen, der nächste fährt erst am nächsten Tag früh um 8 Uhr. So muss ich noch einen Tag bleiben und schaue mir den Ort bei herrlichen Sommerwetter in Ruhe an. Die Stadt befindet sich auf der vorgelagerten Kaien Island und hat einen riesengroßen Containerfährhafen. Kilometerlange Züge mit Containern fahren an der Küste entlang zum Hafen. Im hübschen Wohngebiet auf dem Hügel wird gerade vor einem Haus Flohmarkt abgehalten, unten im Stadthafen liegen eine Menge Jachten, auch Wasserflugzeuge. Ein Boot fährt gerade zur Walbeobachtung raus. Und ich werde morgen weiter fahren. 

1. Etappe mit dem Bus von Whitehorse nach Skagway

12.-15.08.2018 nach Skagway, Alaska

Während für die anderen der letzte Tag ihrer Reise anbricht, bereite ich mich auf die nächste Etappe vor. Diese sollte mit dem Bus von der Firma Greynhound auf den Alaska-Highway erfolgen. Cathleen begleitet mich zum Visitercenter, dort der große Schreck, das Busunternehmen hat seinen Betrieb ab Mai komplett eingestellt, ich hatte meine Tickets aber schon vorher gekauft. Was nun? Mit Cathleens Hilfe erkläre ich der Frau, das ich eine Woche Zeit habe, um nach Calgary zu kommen, also ein Flug nicht unbedingt meine Wahl wäre. Da zeigt sie mir meine neue Route auf der Karte: mit Bus bis Skagway, ab da mit Fähre bis Prince Rupert und von da aus mit dem Bus oder Zug nach Calgary. Sie bucht dann auch gleich telefonisch mein Ticket für die Fähre. Die Kanadier sind sowas von freundlich, ich bin ihr so dankbar für ihre Hilfe. Nun fahre ich eben auf einen anderen Weg weiter durch Kanada. Wie heißt es so schön: Es führen viele Wege nach Rom.

In der Früh fährt mein Bus ab, auf dem Bahnhof erfahre ich von einem deutschen Ehepaar, dass Skagway in Alaska und somit in den USA liegt. Ich also ein Visum für die Einreise in die USA brauche! Der nächste Schreck, wie das nun? Ich kann schnell noch ein paar Dollars tauschen, da das Visum 6 US-Dollar kosten soll. Im Bus werde ich von der Aussicht abgelenkt, wir fahren am Lake Bennett vorbei, am anderen Ufer brennt der Wald, legen einen Zwischenstopp in Carcross ein und machen Halt in Fraser. Dort steigen die meisten in den Zug um, ich bleibe. Nun geht es über den White Pass auf 2885 m hoch nach Alaska runter. Der Checkpoint ist erreicht, ich muss aussteigen, werde von einem netten jungen Amerikaner ausgefragt, muss den grünen Schein ausfüllen, meine Fingerabdrücke und mein Facefoto dalassen, 6 Dollar bezahlen und schon kann ich mit einem Visumstempel gültig bis November 2018 einreisen. Prima, und ich hatte schon befürchtet, das ich Trump unerwünscht bin. In Skagway nehme ich erst das dritte Hotel für 2 Nächte (die Preise sind hier ganz schön gepfeffert). Der Ort ist schnell erkundet. Er ist eine reinste Nachbildung der guten alten Goldgräberzeit mit vielen Geschäften, die einen das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Vom Fährhafen, der von den großen Urlaubsschiffen angefahren wird, strömen täglich Menschenmassen in die Stadt. Ich ziehe mich in die Bibliothek zurück und sitze am PC, hier habe ich zwar Internet, aber doch ein sehr langsames, Bilder kann ich gar nicht hochladen. Am Abend gehe ich in den Saloon vor meinem Hotel und genehmige mir ein amerikanisches Bier, ich hätte es lassen sollen,  es war im wahrsten Sinne des Wortes zum k ….. . Sorry, aber nie wieder. Das Essen an meinem Geburtstag in einer schönen amerikanischen Kneipe schmeckt dafür sehr gut, die Hühnchen sind mit Honig kross gebacken, lecker. Eigentlich sollte meine Fähre am 15.08.18 um 04:00 p.m. also um 16 Uhr auslaufen. Schon am Vortag haben sie mir gesagt, das die Fähre erst um 21:15 Uhr fährt. Ich bin um 20 Uhr da und nun erfahre ich, dass sie erst um 00:15 Uhr ausläuft. Oh je, was nun, wie andere auch, lege ich mich mit meinem Schlafsack im Warteraum und warte. Zeit wird hier in dieser großen Weite nebensächlich. Und so verbringe ich meinem Geburtstagsabend in Alaska im Schlafsack gekuschelt, höre Musik aus der Heimat und fühle mich frei wie ein Weißkopfseeadler am Yukon.