8. Pompei und sein Vesuv


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Vesuv

Zwar nicht all zu hoch, bloß 1281 m, aber dafür immer noch aktiv und gefährlich.

Ich habe ihn noch (oder schon) qualmen gesehen.


 

05.09.2017 zum Vesuv

 

Eigentlich wollte ich ja garnicht so weit in den Süden fahren, aber der Vesuv reizte mich dann doch. Wann sieht man schon mal einen Vulkan und dazu noch einen aktiven. 

Also ging es von Rom aus direkt nach Pompei, diesmal Autobahn, weil mein Navi ansonsten für die knapp 270 km über 4 Stunden Fahrt anzeigte und solange wollte ich bei der Hitze nicht unterwegs sein. Die Autobahn war dann auch angenehm leer und die Maut vertretbar. Da ich gegen Mittag bereits in Pompei ankam, konnte ich mir schon mal den Ort anschauen. Der teilt sich in drei Teilen, den Teil wo die Leute wohnen, den Teil für die Touristen mit Hotels, Souvenirständen und Cafes und das antike Pompei. Alle drei habe ich mir angeschaut. Der erste Teil sieht nicht unbedingt einladend aus, vieles hat schon bessere Tage gesehen. Aber typisch für den Süden finde ich die Klimaanlagen an den Fassaden, die bunten Holzfensterläden und die Wäsche, die draußen an den Balkonen und zwischen den Häusern hängt.  

Meine Pension lag idyllisch in einem Hinterhof mit eigener Terrasse, Onkel Tom durfte für 5 Euro am Tag vor der Pizzeria stehen bleiben, gegenüber Rom war das ein Schnäppchen. 

Der nächste Tag sollte dem Vesuv gehören. Er ist 1281m hoch und hat am Fuß einen Umfang von rund 80 km. Er liegt ca.10 km südlich von Neapel und ist der einzige noch aktive Vulkan in Europa. Dass Neapel und die ganzen anderen Orte herum auf einem aktiven Vulkan liegen, das ist schon irgenwie krass. Seine letzte Eruption war 1944. Auch wenn er jederzeit wieder ausbrechen könnte und die Experten davor warnen, leben viele Menschen in seinem Einzugebiet, Geldanreize vom Staat, hier weg zuziehen, nahmen nur wenige an, viel mehr wird immer dichter an den Krater gebaut, denn der Boden ist äußerst fruchtbar.

Bevor er vielleicht doch wieder losspuckte, fuhr ich mit dem Busshuttle die Serpentinien bis 1000 m hoch, dann hieß es die letzten 200 Höhenmeter zu Fuß weiter, endlich wieder bergauf laufen, eine Freude für mich. Ich hatte auch extra die leichten Wanderschuhe angezogen. Nach einer Weile war ich dann auch mit den vielen anderen am Kraterrand, an einigen Stellen konnte man auch gut reinschauen. Es ging wie in einem Trichter nach unten, an den Wänden waren die einzelnen Gesteinsschichten zu erkennen, als obere Decke konnte ich die Ascheschicht des letzten Ausbruches ausmachen. Der Weg führte uns am Kraterrand entlang, ich ging auf echter Lava, auf Bimsstein, konnte sie anfassen, kleine Stückchen in die Hand nehmen, sie sind ausgesprochen leicht. Zwischen den Steinen zeigte sich auch zaghaft etwas Grün. Dazu fiel mir ein Haiku ein:

Ist ein Samenkorn

Zwischen verbrannter Erde 

Ein Lebenszeichen

Doch an zwei Stellen hat es aus dem Krater auch gequalmt, es roch ein wenig wie nach verfaulten Eiern. Wer in Chemie aufgepasst hat, weiß, dass so auch Schwefel riecht. Vor dem nächsten Ausbruch hatte ich aber noch Zeit, mir die Umgebung anzuschauen, es war zwar keine gute Sicht, den Golf von Neapel und Neapel selber konnte ich ja noch erkennen, aber Capri mußte ich mir dort hindenken, wo die Insel sein sollte. Pompei sah ich aber, auch das antike, welches der Vesuv am 24. August im Jahre 79 n. Ch. regelrecht zugeschüttet hatte. Das wieder ausgegrabende wollte ich mir am nächsten Tag anschauen.  

 

Pompeji  - eine Zeitreise -

 

Pompeji, es ist der 24. August im Jahre 79 n. Ch., der wärmste Monat des Jahres und es wird auch der letzte Sommer dieser herrlichen und lebendigen Stadt sein, denn niemand ahnt, Hauptdarsteller in der herannahenden Tragödie zu werden.

Pompeji, eine blühende Stadt am Fuße des Vesuv und am Golf von Neapel gelegen, hatte zu diesem Zeitpunkt ca. 20.000 Einwohner, man brauchte mehr als eine halbe Stunde, um die ganze Stadtmauer zu umrunden. Die Straßenzüge waren bereits Jahrhunderte vor Ch. nach griechischen Vorbild geometrisch angeordnet, seine Blütezeit erlebte die Stadt zu Neros Zeiten. Reich wurde sie durch den regen Handel, durch die Zubereitung der pompeianischen Fischsoße und durch die Herstellung von Wolle. An vielen Orten ist man noch mit den Restaurierungsarbeiten beschäftigt, um die Schäden des Erdbebens aus dem Jahre 62 n. Ch. zu beseitigen.

Es ist ungefähr 11 Uhr, das Essen wird zubereitet, überall herrscht geschäftiges Treiben.

Der furchterregende Knall der Explosion zerreißt plötzlich die Gespräche und lässt den Krug in der Hand erstarren. Die Menschen treten auf die Straße und schauen zum Himmel. Durcheinander schreiende Männer und Frauen, vom Forum kommend, zeigen wie wild auf den Vesuv. Der Gipfel ist verschwunden, wie von der Erde verschluckt und an seiner Stelle erhebt sich eine ungeheurige Feuerzunge. Große Steine werden in die Höhe geschleudert und rollen längs des Berges herunter. Das feurige Rot verwandelt sich in eine schwarze Wolke und steigt in die Höhe. Das Dröhnen verschluckt die Schreie der fliehenden Menschen, ein Regen von heißen Lava und Bimssteinen überdeckt die Straßen, die Dächer und Gärten, erreicht schon einen halben Meter. Wer nicht erschlagen oder verschüttet wurde erstickte an den Schwefelgasen und bei der alles überdeckenden Aschewolke. Erst am nächsten Tag hat sich die Erde beruhigt und erst nach weiteren zwei Tagen legt sich langsam die Ascheschicht. …

So ungefähr muss es sich zugetragen haben. Die siebenhundertjährige Geschichte von Pompeji sowie die der Städte Herculaneum, Stabiae und Oplontis wurden buchstäblich ausgelöscht und unter einer 25 Meter mächtigen Decke von vulkanischer Asche und Bimssteine verschüttet. Erst im 18. Jahrhundert, als man nach und nach systematisch mit den Ausgrabungen begann, fing die zweite Geschichte von Pompeji an. Diese erzählt uns heute hautnah, wie auf einer Zeitreise, von dem damaligen antiken Leben vor dem Ausbruch.

 

Pompeji, es ist der 06. September im Jahre 2017 n. Ch., und es ist immer noch sehr heiß. Die Sonne brennt auf der Haut als ich durch das Stadttor gehe. Mit einem Stadtplan bewaffnet, den Strohhut auf den Kopf und den Audioguide im Ohr begäbe ich mich auf eine wirkliche Zeitreise. Zuerst betrete ich das Amphitheater, es ist das älteste das wir kennen, wurde 80 v. Ch. erbaut. Die Arena ist vollständig wieder errichtet, ein imposantes Bauwerk, ich stehe im weiten Rund, da wo die Gladiatoren einst ihr Blut vergossen, begebe mich aber schnell aus der sengenden Sonne in die schattigen Gänge. Wieder draußen lenke ich meine Schritte zu dem gegenüberliegendem großen Gebäude. Es ist die große Palästra, ein öffentliches Gebäude, umgeben von einer Mauer mit Säulengang, ein freier Platz für sportliche Übungen und in der Mitte ein Schwimmbecken. Hier hat man sich wohl auf die Spiele am Olymp vorbereitet. Dann ziehe ich durch die Straßen, schau in die Häuser und Gärten, sogar in die Töpfe. Die Straßen sind mit großen schwarzen Lavablöcken gepflastert. An den Kreuzungen hat man große Blöcke gesetzt, damit jeder trockenen Fußes auf die andere Seite gelangte, denn der Abfall wurde auf den Straßen entleert. Heute war aber alles sauber und begehbar. Auch aus manchen Brunnen kommt wieder erfrischendes Wasser, wo die Krüge bzw. Flaschen gefüllt werden können. Einige Häuser sind fast vollständig wieder errichtet, bei anderen stehen nur Mauerreste. Hauptsächlich Kalkstein, Tuffstein (mit Wasser vermischte Vulkanasche) und Ziegelsteine wurden zum bauen verwendet. Es wird immer noch systematisch ausgegraben, ich sah Studenten von der Uni Tübingen fleißig am Werk, viele Geheimnisse sind noch verschüttet.  Die Häuser hatten meistens einen Innenhof mit Wasserbecken, an den Seiten verteilten sich die Zimmer, Küche und Bäder. Im Haus des reichen Paquius Procuus waren der Fußboden mit einem großen Mosaik mit Tiermotiven erhalten geblieben, im Eingangsbereich ein angebundener schwarzer Hund. In vielen Häuser sehe ich Wandmalereien, Tier -und Landschaftsmotive, Darstellungen ihrer Götter und auch Liebesakte. Letztere vor allem in den Freudenhäusern. Einige Häuser hatten hübsch verzierte Brunnen in ihrem Gärten. In den Tavernen und Bäckereien bekam ich zwar nichts mehr, konnte aber in die gut erhaltenen Krüge und Töpfe schauen, diese waren entweder aus Ton oder Bronze. Die öffentlichen Thermen sind großräumig und laden zum entspannen ein. An einer Stelle steige ich auf eine Mauer und schaue über das weite Labyrinth der Häuserfronten, alles ordentlich qaudratisch angelegt, doch ohne Stadtplan fast zum Verlaufen. Ich sehe mir auch die Reste der Basilika, das kleine und große Theater und so manchen Tempel an, doch der wichtigste Ort einer Stadt ist immer ihr zentraler Platz, hier das weite Forum. Dieser große Platz ist umsäumt von vielen Säulen und Statuen von Göttern und bedeutenden Persönlichkeiten und von den wichtigsten Tempeln, z.B. den für Apollo, Jupiter oder Venus. Hier werden die lautesten Feste gefeiert und die wichtigsten Entscheidungen verkündet. Neben der bronzenen Reiterstatur (das Orginal befindet sich im Museum in Neapel) mitten auf dem Platz stehend, schaue ich zum Vesuv. Dieser ist von fast allen Ecken der Stadt zu sehen, doch heut bleibt er ruhig. 

Ich fühle mich wie in einer lebendigen Stadt, fast so wie in Rom, nur das hier die Menschen wirklich alles Besucher sind und die eigentlichen Bewohner einen qaulvollen Tod sterben mussten. Im sogenannten Garten der Flüchtigen hat man Spuren von 13 Opfern einer Familie gefunden, die wahrscheinlich bei Ihrer panischen Flucht erstickt sind. Die Gipsabdrücke - Ausguss mit flüssigen Gips in den von den Körpern gelassenden Hohlräumen - von diesen Menschen, machten mich sprachlos.

Nach über 4 Stunden sitze ich erschöpft am Ausgang, die Stadt hat mich fazsiniert aber auch nachdenklich gemacht. Vieles ist in unserer heutigen Zeit nicht anders als vor 2000 Jahren. Wollen wir hoffen, das der Menschheit nicht ein ähnliches Schicksal ereilt und irgendwann Besucher sich die Erde anschauen  ....